Hab' mich nun endlich mal intensiver mit einem meiner "Exoten" beschäftigt (nach nur 2 Jahren, die ich ihn habe
) - und immerhin einen Teilerfolg erreicht. Auch wenn es sich um eine Unix-Maschine handelt, so ist sie doch aufgrund ihrer selten verbreiteten CPU ein rechter Exot: Intergraph InterServe 200.
Aber erstmal zu den "Äußerlichkeiten":
Nach dem "Ausziehen" präsentiert sich das Innenleben wie folgt (mittlerweile gereinigt, auf den Fotos noch staubig):
Im recht würfeligen Gehäuse finden sich ein Netzteil, vier Lüfter in zwei Größen, ein 5,25"-DSHD-Diskettenlaufwerk von Fujitsu, eine 334 MB große 5,25"-SCSI-Festplatte Seagate ST4385N sowie vier Leiterkarten (eine Frontleiterplatte und drei Steckkarten). Die drei Steckkarten sind von oben nach unten (bzw. auf den Bildern von links nach rechts): Das I/O Processor Board, das Main Processor Board und das Plotter Interface Board:
Auf dem I/O Processor Board werkelt als Hilfsprozessor ein Intel R80186 mit 10 MHz (unter dem silberen, runden Kühlkörper) - er ist für die Kommunikation nach Außen zuständig, bedient also Massenspeicher (Floppy-Interface, SCSI), externe Schnittstellen (Maus, serielle Schnittstelle) und auch die Ethernet-Schnittstelle.
Auf dem Main Processor Board steckt das Highlight dieses Rechners: Ein Clipper C100 - eine Multi-Chip-RISC-CPU (bzw. 'n Zwischending aus CISC und RISC), die von Fairchild Mitte der 1980er rausgebracht wurde. Das Prozessor-Modul besteht dabei aus einer CPU (mit Fließkommaeinheit, soweit ich das rausgefunden habe) und zwei CAMMUs (Cache and Memory Management Units). Neben der CPU sind auf dem Board noch 16 MB RAM untergebracht - für 1989, als mein Exemplar gebaut wurde, ein äußert üppiger Wert.
Das letzte Board - das Plotter Interface Board - bietet 'ne parallele Schnittstelle zur Ansteuerung eines Druckers oder Plotters - ein gutes Zeichen dafür, dass der Hersteller aus dem CAD-Umfeld stammt.
Leider hat sich herausgestellt, dass die verbaute Festplatte wohl nie wirklich in diesem Rechner genutzt worden ist - denn zum Einen hatte sie die falsche SCSI-ID (weswegen sie von der Firmware nicht erkannt wurde, da diese nur nach der SCSI-ID 0 geschaut hat) und zum Anderen ist die Platte komplett leer und nicht an der InterServe eingerichtet gewesen (keine Partitionstabelle). Das ist leider ein massives Problem, da es für die Rechner meines Wissens nach nur ein Betriebssystem gibt: Das Intergraph-eigene Unix namens CLIX - zu dem man leider nahezu nichts im Netz an Informationen findet. Zum Glück ist Blue auf eine
Internetseite auf Archive.org gestoßen, wo wenigstens der Boot-Diskettensatz für diverse Intergaph-Rechner zu finden ist. Vielen Dank dafür! Der Satz für die 200er Intergraph-Rechner ließ sich nach einigen Startschwierigkeiten auf meiner InterServe 200 booten - auch wenn der Satz nur für die Wiederherstellung der CLIX-Installation gedacht ist, für die mir leider CLIX-Medien (anfänglich auf Band, zuletzt auf CD-ROM) fehlen.
Leider gibt es auch in Sachen Dokumentation nicht wirklich viel, was ich finden konnte -
nur die paar Dokus, die auf Bitsavers.org zu finden sind.
Ansonsten scheint der Rechner vollkommen in Ordnung zu sein - lediglich der Verriegelungshebel für das 5,25"-Diskettenlaufwerk ist nicht so recht nutzbar, da hier der Kunststoff mit der Zeit eingerissen ist. Funfact: Die Festplatte hat 'nen Aufkleber von Siemens-Nixdorf drauf, ist von 1992 - und meldet sich in der Erkennung noch als CDC-Platte (daher auch noch die alte CDC-Modellnummer 94181-385H unter der Seagate-Modellnummer). Dabei wurde CDC schon 1989 von Seagate übernommen.