RE: Politik-Forum
Ich möchte an dieser Stelle auch mal ein paar Sätze dazu sagen, aber wohlgemerkt betont metatheoretisch. Ich beziehe mich dabei größtenteils auf Blues initialen Post, insb. auf die Veränderung der Gesprächskultur im Netz. Damit rennt man bei mir inzwischen offene Türen ein.
Tenor: Eure Meinung ist wertlos!
Für viele ist nichts wichtiger als die eigene Meinung und nichts wertvoller als die Möglichkeit, eine haben zu dürfen. Das (in etwa) habe ich vor einer Weile mal aufgeschnappt und zunächst bestätigend auf- und wahrgenommen, zwischenzeitlich gibt es mir allerdings zu denken: Die Möglichkeiten, sich heutzutage elektronisch überall zu allen Themen äußern zu können, haben diesen Wert ein bisschen geschmälert. Ich weiß nicht, ob es nur daran allein liegt oder auch an der Tatsache, dass der freien Meinungsäußerung oft – gewissermaßen als nächste Stufe – freizügige Auslegungen, Spinnereien, Verblendungen, Extrema, polarisierungsbegünstigende Einseitigkeit, Schwurbelei, etc. folgen. Es gibt ja wirklich alles (!) in den Kommentarspalten und Messenger-Gruppen und dergleichen! Man könnte es – angelehnt an Murphy’s Law – mit „Alles, was gedacht werden kann, wird gedacht werden“ (und konsequenterweise dann geäußert) ausdrücken. Oder alternativ: So individuell, wofür wir Meinungen immer gehalten haben, sind sie inzwischen eigentlich gar nicht mehr: Der Bezug ist einfach (z.B. machst du einfach mal Facebook oder Twitter auf), beizutragen ist einfach (z.B. klimperst/tipperst du einfach ein paar Sätze – Orthografie egal – in dein Endgerät ein) und Erhalt einer Bestätigung, die das Ego der eigenen mentalen Individualität boostet, die in Wirklichkeit doch nur die Suppe vieler anderer Köche mit lediglich einer oder zwei selbst hinzugefügten Beigaben (mal mehr, mal weniger gut schmeckend) ist, kommt dann auch von selbst.
Jedenfalls stelle ich fest, dass ich dessen so überdrüssig geworden bin, dass es sogar bis ins Privatleben reicht, wenn ich bisweilen mit leicht genervter Mine alles unauffällig abzublocken versuche, was mir jemand erzählen möchte, bei dem ich das Gefühl bekomme, dass ich gleich etwas der Kategorie „persönliche Meinung“ höre – und nicht etwa „nüchterne Feststellung, idealerweise ohne Wertung“, wie ich es deutlich lieber hätte.
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